Schimmel und Dalmatiner in der Meerschweinchenzucht
Genetik mit Risikofaktoren | Zuchtvorgaben
Schimmel und Dalmatiner: Was sind die Unterschiede?
In der Meerschweinchenzucht sind Schimmel und Dalmatiner zwei beliebte Farbschläge, die durch besondere Fellmuster auffallen. Obwohl sie sich optisch ähneln, gibt es deutliche Unterschiede in ihrem Aussehen und ihrer genetischen Basis.
Schimmel: Diese Meerschweinchen haben ein weitgehend weißes Fell mit einer „durchschimmelten“ Optik, die durch eine Mischung aus weißen und farbigen Haaren entsteht. Meistens zeigen Schimmel-Meerschweinchen einen dunklen Fleck auf der Stirn und können zusätzlich kleine Farbmarkierungen auf dem Körper haben. Es gibt sie in verschiedenen Grundfarben: Schwarzschimmel – Schokoschimmel – Rotschimmel – Buntschimmel.
Dalmatiner: Dalmatiner-Meerschweinchen sind durch ein geschecktes Muster gekennzeichnet, ähnlich wie bei Dalmatiner-Hunden. Sie besitzen eine helle Grundfarbe mit dunklen Flecken, die unregelmäßig über den Körper verteilt sind. Dalmatiner gibt es ebenfalls in verschiedenen Grundfarben.
Beide Farbschläge entstehen durch das sogenannte Rn-Gen, das für diese charakteristischen Muster verantwortlich ist. Doch dieses Gen bringt auch Herausforderungen mit sich, insbesondere bei der Auswahl der richtigen Zuchtpartner.
Der Letalfaktor, das Rn-Gen und Lethal Whites
Die besondere Färbung bei Schimmel und Dalmatiner wird durch das Rn-Gen verursacht, das dominant vererbt wird. Wenn ein Meerschweinchen dieses Gen in einfacher Ausführung trägt (heterozygot), zeigt es das typische Schimmel- oder Dalmatinermuster. Trägt es das Gen jedoch in doppelter Ausführung (homozygot), führt dies zum sogenannten Letalfaktor.
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Letalfaktor: Dieser tritt auf, wenn ein Meerschweinchen das Rn-Gen homozygot vererbt bekommt. Dies geschieht durch Verpaarungen zwischen zwei Tieren mit dem Schimmel- oder Dalmatinermuster. Solche homozygoten Nachkommen sind meist nicht lebensfähig und werden als Lethal Whites bezeichnet.
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Lethal Whites: Diese Meerschweinchen sind reinweiß und zeigen keine typischen Pigmentierungen, da ihnen das farbgebende Gen doppelt fehlt. Sie leiden meist unter erheblichen gesundheitlichen Problemen wie Blindheit, Taubheit oder Zahn- und Organfehlbildungen. Ihre Lebensqualität ist stark beeinträchtigt, und sie überleben meist nur kurze Zeit.
Da das Rn-Gen für die charakteristischen Farbmuster bei Schimmel- und Dalmatiner-Meerschweinchen verantwortlich ist, birgt eine Verpaarung zweier Tiere mit diesem Gen eine hohe Gefahr, homozygote (letale) Nachkommen zu produzieren.
Folgende Paarungen sind zu vermeiden:
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Schimmel × Schimmel
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Schimmel × Dalmatiner
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Dalmatiner × Dalmatiner
In allen drei Fällen besteht ein sehr hohes Risiko, dass die Nachkommen das Rn-Gen homozygot erben und somit als Lethal Whites geboren werden. Da diese Tiere mit schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen leben oder meist nicht lebensfähig sind, ist es aus ethischen und tierschützerischen Gründen zwingend notwendig, solche Verpaarungen zu unterlassen.
Empfehlungen für die Zucht
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Schimmel und Dalmatiner sollten ausschließlich mit Meerschweinchen ohne Rn-Gen verpaart werden, also mit Tieren ohne Schimmel- oder Dalmatinerzeichnung.
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Verpaarungen mit mischerbigen Tieren oder Tieren mit Weißscheckung sind zu vermeiden, da diese die Schimmelfärbung unklar erscheinen lassen können.
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Deshalb sollten ausschließlich reinerbige, einfarbige Tiere ohne Weißanteil verwendet werden.
Versteckter Schimmel: Durch die Verpaarung mit weißscheckigen Tieren oder weißen Tieren kann die Schimmelzeichnung völlig unsichtbar werden. Theoretisch könnte jedes Meerschweinchen mit nur einem einzigen weißen Haar ein „versteckter Schimmel“ sein. Deshalb ist der Abstammungsnachweis für Züchter unverzichtbar.
Verwechslungsgefahr: Tiere mit der Magpie-Zeichnung sehen Schimmeln zwar sehr ähnlich, tragen aber nicht das Rn-Gen. Sie stellen somit keine Gefahr für Lethal Whites dar. Auch hier zeigt sich: Abstammungsnachweise sind essenziell.
Verantwortung der Züchter
Tiere mit dieser speziellen Genetik sollten nicht ohne schriftliches Aufklärungsblatt in Liebhaberhände abgegeben werden.
Zudem sollten Böcke dieser Farbschläge nicht unkastriert weitergegeben werden, um unkontrollierte Verpaarungen und die damit verbundenen Risiken zu verhindern.
Hinweis zur rechtlichen Einordnung:
Nach § 11b Tierschutzgesetz (Qualzuchtverbot) sind Zuchtformen verboten, die mit Leiden oder erheblichen Schäden für die Nachkommen verbunden sind. Da Verpaarungen von Schimmel- oder Dalmatiner-Meerschweinchen untereinander mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Lethal Whites führen, sind solche Zuchtverpaarungen nicht nur ethisch fragwürdig, sondern können auch rechtlich als Qualzucht bewertet werden.