Rasseportrait Angora
Definition Angora | Rassestandard
Was ist ein Angorameerschweinchen?
Das (deutsche) Angora ist ein Langhaarmeerschweinchen mit glattem Fellhaar und mindestens sechs Rosetten/Wirbeln in symmetrischer Anordnung mit einem klar erkennbaren Zentrum. Je mehr Rosetten/Wirbel vorhanden sind, desto besser. Ein zusätzlicher Stirnwirbel ist erwünscht und stellt keinen Fehler dar, fließt jedoch nicht in die Bewertung ein.
Es handelt sich um eine der ältesten Meerschweinchenrassen in Deutschland, die jedoch bis vor nicht allzu langer Zeit so gut wie unbekannt war. Berichten zufolge sollen die ersten Tiere Anfang des 19. Jahrhunderts von Frankreich nach Deutschland gekommen sein.
Durch die ausgeprägten Backenbärte und den markanten Pony, der ins Gesicht fällt, ähneln Angoras auf den ersten Blick den Peruanern. Das Fell ist mindestens bodenlang und seidig, vergleichbar mit dem der Peruaner-Meerschweinchen. Durch die Rosetten wirkt es jedoch wie „durcheinandergewirbelt“. Die Namensbezeichnung ist möglicherweise etwas irreführend, da die Fellstruktur keine Ähnlichkeit mit der von Angorakaninchen aufweist.
Die Rosetten/Wirbel des Angorameerschweinchens sind idealerweise wie bei den Rosettenmeerschweinchen angeordnet: Sie sollten in Linie und Symmetrie stehen und ein deutliches Zentrum haben. Es sollten mindestens sechs symmetrisch angeordnete Rosetten vorhanden sein.
Verteilung der Rosetten:
-
2 Hinterhandrosetten
-
2 Hüftrosetten
-
mindestens 4 Körpermitte-Rosetten
-
zusätzlich dürfen 2 Schulterrosetten vorhanden sein
-
zusätzlich darf eine Stirnrosette vorhanden sein
-
ein Kopfwirbel sorgt für den Pony
Anmerkungen:
-
Zusätzliche Rosetten an der Körpermitte sind erwünscht und sollten Zuchtziel sein.
-
Die Rosetten sollten in Symmetrie und Linie angeordnet sein.
-
Wie bei den kurzhaarigen Rosettenmeerschweinchen entstehen durch die Wirbel Kämme, die jedoch durch das lange Fell nicht sichtbar werden.
-
Eine einheitliche, optisch gleichmäßige Felllänge ist durch die Rosettenbildung nicht möglich.
-
Als eigene Rasse ist das Angora bislang nicht im deutschen Rassestandard anerkannt, befindet sich jedoch auf dem besten Weg dorthin. In einigen Zuchtvereinen hat es bereits Anerkennung und einen vereinsinternen Rassestandard erhalten.
Weitere Hinweise:
-
Angorameerschweinchen gibt es theoretisch in allen Farbvarianten, die bei Meerschweinchen vorkommen. Da die Anzahl der Angorazüchter und -züchterinnen aber leider stark zurückgegangen ist, wird man sie nur noch in sehr wenigen Farbvarianten finden. Genetisch wäre es aber möglich, alle bekannten und anerkannten Farbschläge zu züchten.1
-
Anatomisch unterscheidet sich das Angorameerschweinchen nicht von den meisten anderen Rassen.
-
Vermutlich sind sie aus Verpaarungen von Peruanern oder Shelties (hierzu gibt es keine gesicherten Angaben) mit Rosettenmeerschweinchen entstanden. Auch eine spontane Mutation ist möglich.
-
Die Genformel entspricht im Wesentlichen der der Peruaner. Es wird jedoch vermutet, dass bei Angoras ein Modifikator auf dem Faktor mm liegt, der die Vervielfachung der Wirbel verursacht.
Genformel:
ll RhRh mm SnSn stst RxRx FzFz ChCh lulu
Ginger, ein gut bewirbeltes Angorameerschweinchen in rot/weiss Alter 5 Wochen | ||
| 1.Körper-Mitte-Wirbel | |
ein explodierter Handfeger von oben | | |
|
|
Resümee: Ginger ist mit 4 Körper-Mitte-Wirbeln und 4 Hüft-/ Hinterhandwirbeln die zudem alle in Symmetrie und Linie sind schon ein sehr schön bewirbeltes Angoraschweinchen und ich bin mit diesem Ergebnis schon sehr zufrieden.
Anmerkung zur Definierung Wirbel oder Rosette:
Diese beiden Begriffe haben die gleiche Bedeutung. Gemeint ist ein ca. Stecknadelkopf großes, klares Zentrum um das die Fellhaare kreisförmig angeordnet sind. Es gibt jedoch gute oder schlechte Wirbel/Rosetten. Fachlich korrekt wäre Rosetten, die Bezeichnung Wirbel ist eher umgangssprachlich.
Angora oder Peruaner mit Fehlwirbel – was denn nun?
Trotz identischer Genformel muss man klar unterscheiden zwischen einem Peruaner mit Fehlwirbeln, d. h. zusätzlichen oder fehlplatzierten Wirbeln/Rosetten, und einem echten Angora. Oft werden Peruaner mit ein oder zwei Fehlwirbeln fälschlicherweise als Angoras deklariert – so einfach ist das jedoch nicht.
Dennoch werden solche Tiere in Ermangelung guter Angorazuchttiere auch in der Angorazucht verwendet. Sie besitzen teilweise die genetische Disposition zur verstärkten Rosettenbildung. Dadurch erscheinen die Rosetten/Wirbel nicht nur – wie beim Peruaner – auf den Hüften, sondern auch am Kopf, Rücken, in der Körpermitte, an der Hinterhand und den Schultern. Diese Verstärkung liegt vermutlich auf dem Faktor mm, ist aber bislang wissenschaftlich nicht erforscht.
Ein Peruaner kann durchaus Angoras hervorbringen, zum Beispiel wenn:
-
in den Vorfahren dieses Peruaners bereits Angoras vorkamen,
-
oder ein Elternteil ein Angorameerschweinchen ist, das seine Wirbel besonders gut vererbt.
Ich habe jedoch auch die Erfahrung gemacht, dass eine Verpaarung von Angora × Peruaner FW mit angeblichen Angoravorfahren (laut Abstammungsnachweis) keinerlei Angoras ergeben hat – es fielen ausschließlich Peruaner FW oder Peruaner. Möglicherweise waren die vermeintlichen Angoravorfahren in Wirklichkeit keine echten Angoras. Am Bock lag es nicht, denn er hat mit anderen Weibchen wunderbare Angoras hervorgebracht.
Durch die Einkreuzung von Peruanern ist es nicht verwunderlich, wenn man in einem Wurf sowohl Peruaner (oft FW) als auch Angoras hat. Immer wieder tauchen auch Shelties auf, da sie irgendwann in die Linie eingekreuzt wurden. So kann es gelegentlich passieren, dass man in einem einzigen Wurf drei unterschiedliche Rassen vorfindet.
Die Rosetten erkennt man am besten im Babyalter, wenn das Fell noch kurz ist. Oft lässt sich schon in den ersten Tagen erkennen, wer für die Zucht bleibt und wer weitervermittelt wird.
Das Einkreuzen von Peruanern (am liebsten mit Fehlwirbeln) macht auch Sinn, wenn man bestimmte Farbziele verfolgt. Leider gibt es nur wenige Ausgangstiere bei den Angoras, wodurch die Farbenvielfalt sehr eingeschränkt ist. Die Farbe spielt bei mir persönlich zwar nur eine untergeordnete Rolle, doch besonders schön finde ich Schoko-Kombinationen, Rot in verschiedenen Varianten und Creme-Weiß.
Allgemeines zur Zucht von Angorameerschweinchen
Das Angorameerschweinchen ist sehr schwierig zu züchten weil:
- es nur sehr wenig Ausgangstiere gibt, die zudem nicht alle für die Zucht geeignet sind
- Angorazüchter sind schon in Deutschland sehr selten, im Ausland nicht zu finden
- die Rasse einfach noch nicht genügend durchgezogen ist, da sich nur wenige ernsthaft mit der Angorazucht beschäftigen
Angorazucht – Wege und Beobachtungen
„Der Weg ist das Ziel“, heißt ein altes Zitat von Konfuzius. Aber jeder Züchter muss seinen eigenen Weg gehen und eigene Erfahrungen machen. Es gibt verschiedene Zuchtansätze und viele Gedanken, die wir Angorazüchter gerne diskutieren.
Die Zucht von Angoras über Rosette × Sheltie ist meiner Meinung nach der mühseligste Weg, um langfristig gute Angoras zu erhalten. Es dauert mindestens 7–8 Generationen, bis eine akzeptable Felllänge erreicht ist. Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich Sheltie-Eigenschaften sehr hartnäckig über viele Generationen halten – oft sogar über 10 Generationen. Ein Stammbaum mit nur vier eingetragenen Generationen reicht daher nicht aus, um Überraschungseffekte auszuschließen. Genetisch betrachtet ist das Sheltie, als völlig rosettenlose Rasse, für die Angorazucht eher kontraproduktiv. Das Peruanermeerschweinchen eignet sich aufgrund seiner Veranlagung zur Wirbelbildung deutlich besser.
Bei meinen Beobachtungen fiel mir auf, dass ein besonders seidiges Fell dazu führt, dass die Wirbel im langen Fell nicht mehr sichtbar sind. Solche Tiere wirken bestenfalls wie leicht aufgebauschte Peruaner. Deshalb wäre ein etwas harscheres Fell wünschenswert. Versuche, durch Einkreuzung von Lunkaryas mehr Standfestigkeit ins Fell zu bringen, blieben bislang ohne Erfolg. Offensichtlich hängt die Harschheit des Lunkaryafells mit dem Lockengen zusammen. Wir arbeiten also weiter an diesem Problem.
Erfahrungsbericht aus meiner Zucht:
Das Einkreuzen von Peruanern hat sich bei mir zwar kurzfristig positiv auf die Felllänge ausgewirkt – man erhält sofort Tiere mit schönem, langem Fell –, jedoch negativ auf die Zahl und die Stabilität der Rosetten. Diese Schwäche zieht sich über Generationen hinweg: Die Nachkommen zeigen häufig instabile oder zu wenige Rosetten.
Deutlich bessere Ergebnisse erziele ich, wenn ich mit Rosettenmeerschweinchen arbeite, die gute und standardgerechte Rosettenanlagen besitzen. Dieser Weg ist zwar umständlicher, da die Felllänge in den ersten Generationen stark zu wünschen übrig lässt. In der F1-Generation fallen fast ausschließlich kurzhaarige Hybriden. Erst durch konsequente Weiterverpaarung mit langhaarigen Angoras lassen sich diese Kurzhaarmerkmale über mindestens drei weitere Generationen wieder herauszüchten. Frühestens in der F4-Generation erhält man dann wieder Angoras mit schöner Felllänge und stabilen, zahlreichen Rosetten. Es hat sich gezeigt, dass der Sitz und die Stabilität der Rosetten letztendlich bei den daraus hervorgegangenen Angoras viel besser ist, als beim Einkreuzen von Peruanern oder Sheltie x Rosette. So meine Erfahrung seit Beginn meiner Zucht im Jahr 2008.
Die Erbformel für die Fellstruktur:ll RhRh mm SnSn stst RxRx FzFz ChCh lulu
L-Paar für Kürzes oder langes Haar | LL = kurz ll = lang Ll= "Vokuhila" |
Rh-Paar für rauhes, strubbeliges oder glattes Haar | RhRh = Wirbel, Rosette rhrh = kein wirbel oder Rosette |
Rx-Paar für krauses Haar | RxRx = nicht kraus rxrx = kraus |
Sn-Paar für Satin | SnSn = nicht Satin snsn = Satin |
St-Paar für Schopf (Crested) | Stst = Schopf stst = kein Schopf |
Rassestandard MCB – Angora
Allgemeine Beschreibung:
Das Angora ist ein langhaariges Meerschweinchen mit mindestens sechs Körperwirbeln, die möglichst symmetrisch angeordnet sind. Meist kommt zusätzlich ein Stirnwirbel vor.
Der Haareinsatz ist nicht – wie beim Peruaner – nach vorn gerichtet, sondern ähnelt in seiner Wuchsrichtung eher dem Sheltie.
Gute Angoras wirken durch die Wirbel wie „vom Wind zerzaust“. Ihr ausgeprägter Pony und Backenbart erinnern zwar an den Peruaner, jedoch entspricht der Körperbau eher dem eines langhaarigen Rosettenmeerschweinchens.
Das Angora gilt als eine der ältesten bekannten Langhaarrassen in Deutschland. Innerhalb des MCB wird es nach folgendem Rassestandard gezüchtet.
⚠️ Hinweis: Dieser Standard ist nur im MCB anerkannt. Im MFD BD e.V. (Meerschweinchenfreunde Deutschland) ist das Angora bislang nicht als eigenständige Rasse anerkannt.
b) Genformel:
ll Sn_ stst Rx_ Rh_ Td_ Ch_
c) Rassespezifische Merkmale:
-
(zu 3) Haare mindestens bodenlang
-
(zu 4) Anzahl der Wirbel: mindestens 6
-
(zu 4) gleichmäßige Anordnung der Wirbel
d) Fehler:
-
ungleichmäßige Anordnung der Wirbel
-
Haarwuchsrichtung nach vorn wie beim Peruaner
-
offene Wirbelzentren
-
Doppelwirbel
-
Strichwirbel
e) Ausschlussfehler:
-
vier oder weniger Rosetten
-
zu viele fehlerhafte Rosetten mit schlechten Zentren