Skinnys und Baldwins

Ein kritischer Blick auf die Rasse und ihre Problematiken

Die Zucht von Skinny- und Baldwin-Meerschweinchen ist unter Liebhabern exotischer Haustiere populär geworden. Diese beiden Rassen von Nacktmeerschweinchen zeichnen sich durch ihr Fehlen von Fell aus, wodurch sie eine einzigartige und für viele ansprechende Erscheinung haben. Doch die Zucht und Haltung dieser Tiere ist unter Tierschützern stark umstritten, da es sich hier um sogenannte "Qualzuchten" handelt. Qualzucht beschreibt die absichtliche Züchtung von Tieren mit Merkmalen, die für das Tier Leid, Schmerzen oder Gesundheitsprobleme bedeuten. Im Folgenden beleuchten wir die Entstehung, Merkmale und die tierschutzrechtlichen Herausforderungen, die diese Tiere betreffen.

 

1. Entstehungsgeschichte der Rassen

 

Skinny Meerschweinchen sind in den 1970er Jahren zufällig durch eine genetische Mutation in einem Labor in Kanada entstanden. Ursprünglich wurden sie für medizinische Studien verwendet, insbesondere in der dermatologischen Forschung, da ihr nacktes Hautbild den Zugang zur Hautstruktur und deren Pflege erleichterte. Später wurde ihr mutierter Genpool selektiv weitergezüchtet, und so entstand eine Meerschweinchenrasse, die fast komplett haarlos ist, lediglich an Schnauze, Füßen und etwas an den Beinen befinden sich noch Haare.

Baldwin Meerschweinchen hingegen entstanden durch eine spontane Mutation in den USA in den 1980er Jahren. Sie werden komplett ohne Fell geboren, unterscheiden sich jedoch von den Skinny Meerschweinchen durch ihre vollkommene Haarlosigkeit auch an Kopf und Beinen. Diese Tiere haben zudem eine rosafarbene, empfindliche Haut und müssen zeitlebens in einer konstanten und warmen Umgebung gehalten werden, da sie keine natürliche Wärmeschicht besitzen.

 

2. Rassemerkmale und Bedürfnisse

 

Skinny- und Baldwin-Meerschweinchen unterscheiden sich stark von ihren normal behaarten Artgenossen. Während das fehlende Fell ihnen ein einzigartiges Äußeres verleiht, bringt es auch erhebliche gesundheitliche Herausforderungen mit sich:

- Empfindliche Haut: Die nackte Haut dieser Tiere ist äußerst empfindlich und anfällig für Hautverletzungen, Reizungen und Infektionen. Das Risiko von Wunden oder Abschürfungen ist bei Berührungen und auch im Gehege deutlich höher.
- Kälteempfindlichkeit: Ohne den Schutz eines Fells sind Skinny- und Baldwin-Meerschweinchen stark kälteempfindlich und benötigen konstant warme Haltungsbedingungen, die bei normalem Raumklima schwer zu gewährleisten sind.
- Stoffwechsel: Um die Wärme im Körper aufrechtzuerhalten, haben diese Tiere einen erhöhten Stoffwechsel und verbrauchen mehr Energie als normale Meerschweinchen. Dies führt zu einem erhöhten Futterbedarf und belastet zusätzlich den Organismus.

Sie können das nicht nachempfinden? Dann legen Sie sich einfach mal nackt bei kalter Witterung in einen Heuhaufen und übernachten da. 

 

 3. Qualzucht und das deutsche Tierschutzgesetz

 

Die deutsche Tierschutzgesetzgebung steht der Zucht von Qualzuchten grundsätzlich kritisch gegenüber. Nach § 11b des deutschen Tierschutzgesetzes (TierSchG) ist es verboten, Tiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, wenn diese Züchtungen oder Veränderungen zu Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den Tieren führen. Die Zucht von Skinny- und Baldwin-Meerschweinchen kann somit als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gewertet werden, da die Tiere durch die Zuchtmerkmale erhebliche gesundheitliche Einschränkungen und Leiden ertragen müssen.

Das Gesetz sieht zudem vor, dass die Zucht nicht mit Merkmalen erfolgen darf, die die artgemäße Fortbewegung, die Kommunikation oder die natürlichen Verhaltensweisen der Tiere einschränken. Die erhöhte Kälteempfindlichkeit und die Hautprobleme, die Skinny- und Baldwin-Meerschweinchen aufweisen, begrenzen ihre Möglichkeiten zu einem artgerechten Leben und lassen sie in einem gewissen Maß in Abhängigkeit des Menschen zurück. Sie können ohne spezielle Pflege und Wärmeversorgung nicht überleben, was als Verstoß gegen die artgerechte Haltung gewertet werden kann.

 

4. Ethik und Verantwortung

 

Für viele Tierfreunde sind Skinny- und Baldwin-Meerschweinchen faszinierend und ungewöhnlich, doch als potenzielle Besitzer solcher Tiere sollten die möglichen gesundheitlichen Probleme und ethischen Aspekte bedacht werden. Der Fokus auf Ästhetik und Einzigartigkeit bei der Tierzucht führt bei diesen Rassen zu einem Leben, das mit besonderen Anforderungen und, leider, oft Leiden verbunden ist.

Züchter solcher Tiere, aber auch potenzielle Halter, tragen die Verantwortung, sich über die Herkunft, die Bedürfnisse und die rechtlichen Vorgaben für die Haltung und Zucht dieser Rassen zu informieren. Wenn Tiere nur um ihres Aussehens willen in Kauf genommen werden, obwohl ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden stark beeinträchtigt sind, widerspricht dies dem deutschen Tierschutzgesetz und dem Prinzip, dass das Wohlergehen des Tieres stets an erster Stelle stehen sollte.

 

Fazit

Die Zucht von Skinny- und Baldwin-Meerschweinchen zeigt auf eindrucksvolle Weise die Problematik der Qualzucht, die rein ästhetische Merkmale über das Wohlergehen der Tiere stellt. Die Zucht dieser Tiere ist unter dem deutschen Tierschutzgesetz als äußerst bedenklich einzustufen, da sie Schmerzen, Leiden und Verhaltensstörungen in Kauf nimmt. Wer sich mit der Haltung und Pflege von Meerschweinchen beschäftigt, sollte sich für eine artgerechte Rasse entscheiden und auf Züchtungen verzichten, die den Tieren gesundheitliche Probleme bescheren.

Die Verantwortung für das Wohl der Tiere liegt sowohl bei Züchtern als auch bei den zukünftigen Haltern. Nur eine bewusste Entscheidung und ein kritischer Blick auf Zuchtmethoden können dazu beitragen, dass die artgerechte Haltung von Tieren wieder in den Vordergrund rückt und Tiere wie die Skinny- und Baldwin-Meerschweinchen nicht mehr aus reinen Äußerlichkeitsgründen leiden müssen.